Samstag, 31. Oktober 2009

Die Revision der Gattung Anubias: 30 Jahre später


Im Jahre 1979 verteidigte der junge Wim Crusio im holländischen Wageningen seine erste solide wissenschaftliche Arbeit, die er unter der Leitung von Herrn Prof. De Wit geschrieben hatte. So kam die auch noch heute gültige Revision der Gattung Anubias zur Welt. Schon damals lockten diese westafrikanischen Uferpflanzen die Aquarianer an und ihr Interesse wurde von Jahr zu Jahr nur größer. In unserer Zeit gibt es Anubias-Freunde, die diese Pflanzen in speziellen kleinen Treibhäusern im emersen Zustand halten, ihre Physiologie und Samenvermehrung studieren und etc. Viele neue Sorten überschwemmen den Markt, und so kommt es hier immer häufiger zur Frage, ob die Revision noch aktuell bleibt. Ist sie nicht veraltet? Diese Frage berühren wir noch einmal am Ende dieses Beitrages, jetzt aber gehen wir kurz darauf ein, wie Herr Crusio die Systematik von Anubias revolutionierte.

Als wichtigstes artbestimmendes Merkmal wählte er die Struktur des Blutenstandes oder der Infloreszenz. Nach diesem Merkmal wurde die Artenzahl auf 8 reduziert. Bei der Arbeit an der Revision gebrauchte man Herbariumbelege, lebende Pflanzen, (Erst-)Beschreibungen der Vorgänger wie A. Engler und N.E. Brown. Einige Bezeichnungen wurden als Synonyme der gültigen Arten anerkannt, die anderen bekamen den Status von Varietäten innerhalb der Art Anubias barteri, die dritten (Anubias auriculata, A. haullivelleana, A. affinis u.a.) verschwanden für ewig. Aber in wieweit richtig ist dieser einheitliche Maßstab? Es ist nicht leicht, diese Frage eindeutig zu beantworten. Wenn wir die Definition des Wortes “Art” berücksichtigen, - und die ist sehr schwammig, - so ist wahrscheinlich alles richtig. Doch für Sammler und Aquarianer ist es unbequem, denn viele Pflanzen, die sehr ähnliche Blutenstände haben, unterscheiden sich von einander durch die Blattform. Im Endeffekt wachsen in manchen Aquarien zwei verschiedene A. hastifolia, mehrere Varietäten von A. heterophylla, geschweige denn viele Sorten mit Handelsbezeichnungen, die man manchmal auch für Arten hält. Dies ist im Grunde genommen falsch, weil solche Pflanzen wie A. barteri ‘Broad Leaf’ und A. barteri var. nana ‘Petite’ mit der Revision der wilden Anubias-Arten nicht zu tun haben.

Und jetzt zurück zu der Frage: Ist die Revision von 1979 veraltet? Nein! Vom Standpunkt der klassischen Botanik aus kann sie nicht aus dem Gebrauch kommen, weil es in den letzten 30 Jahren keine neue Art beschrieben worden ist. Sie kann ursprünglich unrichtig oder unvollkommen sein, aber nicht obsolet! Für eine vollkommenere Revision muss man nach anderen morphologischen Merkmalen und neuen Betrachtungsweisen suchen. Anfang der 1990-er hatte der Moskauer Botaniker Michail Serebryany seine eigene Ansicht über diese Frage. Davon wurde leider keine einzige Zeile veröffentlicht und gerade deswegen bleibt die von ihm vorgeschlagene neue Art A. erubescens nach wie vor ein Synonym für A. afzelii. Trotzdem hegt er die Hoffnung, seine Sache zum Klappen zu bringen.


Es scheint mir, dass die Zukunft der auf genetischen Merkmalen basierten Systematik gehört. Eine breite Verwendung dieses Herangehens scheitert heute an sehr kostenspieligen genetischen Untersuchungen, darum setzt die Welt fort, die “immergrüne” Revision von Wim Crusio zu benutzen …


Der Autor des Beitrages: Dmitrij Loginov, Moderator des Russischen Anubias-Forums.

Im Beitrag wurden die Informationen von den folgenden Seiten verwendet: (http://www.tropica.ru/forum/index.php?showtopic=17582, http://www.tropica.ru/forum/index.php?showtopic=18171)

Übersetzt aus dem Russischen von Alexander Grigorov

Photo: Titelseite der Revision. Crusio W. A revision of Anubias Schott (Araceae) // Meded. Landbouwhogeschool Wageningen. – 1979.

© 2009 Dmitrij Loginov
© 2009 Alexander Grigorov